
Enrico Niemann
Marker
In der Stratigrafie dienen Marker als unverzichtbare Bezugspunkte zur Identifikation und Datierung geologischer Schichten. Diese Markierungen – seien es charakteristische Fossilien, spezifische Mineralien oder besondere Gesteinsformationen – ermöglichen es Geologen, die zeitliche Abfolge und Entwicklung der Erdgeschichte präzise nachzuvollziehen. Sie sind essenzielle Orientierungshilfen in der Wissenschaft, um die Vergangenheit unserer Erde sichtbar und verständlich zu machen.
Der Begriff „Marker“ steht allgemein für prägnante Indikatoren, die gezielt zur Kennzeichnung oder Hervorhebung eingesetzt werden – sei es in der Forschung, Medizin oder Bildung. In Enrico Niemanns Arbeiten sind es bewusst gesetzte Falten, subtile Übergänge und Abdrücke in der Oberfläche. Durch das Zusammenspiel von Kontrasten und die gezielte Vermischung von Farben entstehen räumliche Strukturen, die als visuelle Ankerpunkte dienen – Wegweiser in einer vielschichtigen Landschaft aus Form und Farbe.
Vernissage am Sonntag, 13.04.2025 um 17.00 Uhr
15517 Fürstenwalde
Enrico Niemann erforscht in seinen Arbeiten das Zusammenspiel von Raum und Fläche mit malerischen und plastischen Methoden. Seine Werke bewegen sich an der Schnittstelle zwischen Malerei, Skulptur und Materialforschung und hinterfragen traditionelle Kategorien der Bildgestaltung.
Dafür formt er zunächst dreidimensionale Objekte, bespannt sie mit Folie und nutzt deren Oberfläche als Strukturgeber für seine malerische Komposition. Die Folie faltet sich in den Raum, hebt sich, senkt sich, grenzt ab. Licht und Schatten beginnen mit der Form zu interagieren, wodurch sich neue räumliche Perspektiven ergeben. Anschließend bearbeitet Enrico Niemann diese Strukturen mit flüssiger Farbe, die er nicht nur als Medium, sondern als aktives Gestaltungselement begreift. Sie reagiert mit der Oberfläche, hebt Falten, Vertiefungen und Risse hervor. Zufällige Farbmischungen lagern sich neben bewusst gelenkten Verläufen ab, wodurch organische, fast geologische Schichtungen entstehen.
Im Trocknungsprozess wandelt sich die geschichtete Farbe zu einer krustenartigen Haut. Mit verschiedenen Techniken überträgt Niemann diese fragile Farb-Haut schließlich auf Papier – den finalen Träger seiner malerischen Objekte. Dieser Moment der Übertragung ist entscheidend, denn dabei entstehen oft unvorhersehbare Veränderungen: Risse, Fragmentierungen, neue Strukturverläufe.
So entstehen Werke, die nicht nur eine statische Bildfläche abbilden, sondern in den Raum hineinwachsen. Sie entfalten sich wie topografische Karten, wie geologische Formationen oder mikroskopische Strukturen, in denen sich Zeit und Bewegung sedimentiert haben. Die farbintensiven Verläufe offenbaren verschlungene Zusammenhänge, die sich erst beim genauen Betrachten erschließen. Malerei wird hier nicht als bloße Oberfläche verstanden, sondern als prozesshafte Transformation – eine Verbindung von Material, Raum und Zeit.
Die Arbeiten von Enrico Niemann bewegen sich zwischen Kontrolle und Zufall, zwischen Konstruktion und Auflösung. Sie laden den Betrachter dazu ein die Grenzen zwischen Bild und Objekt neu zu denken.
