Heller Schimmer

Die Berliner Künstlerinnen Marion Angulanza, Gudrun Fischer-Bomert und die Schildower Künstlerin Kirstin Rabe pflegen ein kollegiales Verhältnis untereinander. Alle drei haben ihre Ateliers auf dem Künstlerhof Frohnau, gelegen am nördlichsten Rand von Berlin-Reinickendorf. Der heutige sogenannte Mauerweg als ehemaliger Grenzstreifen zur DDR verläuft direkt an der Grundstücksgrenze des Künstlerhofs.
Der jeweilig künstlerische Ansatz der Künstlerinnen geht von vergleichbarer inhaltlicher Thematik aus, nämlich ihrem Verhältnis zum System Natur unter dem Aspekt einer nachhaltigen globalen Klimaveränderung mit weitreichenden Folgen für alle Lebensbereiche.

Jede von ihnen hat ihr kulturell geprägtes Verhalten gegenüber der Natur, gleichzeitig ihre individuellen Metaphern und Sensibilitäten, um die aktuell erfahrbaren Veränderungen künstlerisch auszuarbeiten. Verbindend wirkt das Empfinden von Entzauberung eines als unveränderlich erlerntem Naturbegriffs. Wenn aber z. B. binnen 20 Jahren 80 Prozent der Insektenbiomasse verschwunden ist, scheint etwas im bisherigen Miteinander von Mensch und Natur schief gegangen zu sein.

Es ist an der Zeit, den Graben zwischen den Begriffen Mensch und Natur zu schließen und zu erkennen, dass Naturwirken und Menschenwirken auf derselben Ebene stattfinden.

Mit der Ausstellung Heller Schimmer zeigen Angulanza, Fischer-Bomert und Rabe mit bildnerischen und skulpturalen Mitteln ihren jeweiligen Eindruck, den die Transformation von Natur unter Menschenbedingungen bei ihnen hinterlässt und stellen mit ihren Arbeiten den erlernten Naturbegriff zur Diskussion: Natur und deren Wahrnehmung verändert sich mit der Struktur einer Gesellschaft.

Der ästhetische Reiz ihrer Arbeiten, deren filigrane Materialität und Schönheit legt die Utopie einer friedvollen Zukunft von Mensch und Natur nahe, die politisch entwickelt werden kann.

Die Künstlerinnen zeigen dabei sowohl retrospektiv als auch perspektivisch jeweils den hellen Schimmer einer vergehenden Schönheit von Natur als auch den hoffnungsvollen Lichtschein – das zarte Glänzen und Leuchten – einer möglichen Zukunft, in dem der Mensch sich selbst und sein Wirken als Teil des Naturkreislaufs versteht und Natur nicht kontrapunktisch verstanden wird.

Vernissage am Sonntag, 19.01.2025 um 17.00 Uhr

Kunstgalerie Altes Rathaus
Am Markt 1
15517 
Fürstenwalde

Marion Angulanza

Marion Angulanza beschäftigt sich mit der sich wandelnden Natur- und Kulturlandschaft in Zeiten des Klimawandels. Ihre Zeichnungen zeigen nicht nur Landschaften, sondern auch den Prozess ihres Verschwindens. Durch feine Schraffurnetze und gezielte Ausstanzungen erzeugt sie Leerstellen, die Verlust symbolisieren. Angulanza fragt sich, ob eine veränderte Natur weiterhin ein Ort menschlicher Sehnsucht sein kann. Angesichts der brutalen Umweltzerstörung wird deutlich: Was wir sehen, entspricht nicht der Realität. Doch je mehr Natur verloren geht, desto stärker wächst die Sehnsucht danach. In ihrer Kunst bewahrt Angulanza das Vergängliche – ein stilles Archiv für das, was verschwindet.

Gudrun Fischer-Bomert

Gudrun Fischer-Bomert arbeitet seit 2010 mit Trinkhalmen. Die Ölkatastrophe der Deepwater Horizon im Golf von Mexiko inspirierte sie, ökologische Fragestellungen mithilfe dieses Plastikmaterials – einem Erdölerzeugnis – zu erforschen. Ihre Installationen aus zahllosen Halmen erzeugen eine rätselhafte Materialität: halbtransparent, kaum greifbar und scheinbar zerbrechlich. Einst Symbole des unbeschwerten Genusses, sind Trinkhalme heute Sinnbilder für die Verschmutzung der Ozeane. Seit dem Verbot von Plastikhalmen in Europa verschwimmen die Grenzen zwischen Künstlichem und Natürlichem immer stärker. In ihren Werken untersucht Fischer-Bomert die Zerstörung der Natur und das Spannungsfeld von Erhaltung, Schönheit und Konsum – eine Balance zwischen Politik und Poesie.

Kirstin Rabe

Kirstin Rabe erkundet das Zusammenspiel von Bewegung und Ruhe in der Wahrnehmung von Umwelt und Natur. Aus Baumwollzellstoff und alten Zeitungen erschafft sie neues Papier, das sie zu vielschichtigen Objekten formt. Farbnuancen, Texturen und Kanten des Materials werden zu essenziellen Elementen ihrer Kunst. Diese Papierschichten arrangiert sie vertikal, horizontal oder spiralförmig. Aus Papierresten entstehen kleinere, geschnürte Werke. Papier, als Speicher kultureller Erinnerung, erhält so neue Wertigkeit. Rabes Arbeiten bewahren Geschichten – von natürlichen Ursprüngen, Kommunikation und Transformation.